Bennos freie Geburt
Warum ich mich für eine freie Geburt entschieden habe. Und vieles mehr.
Bennos Geburt ist nun drei Monate her. Eine sehr intensive Geburt und Schwangerschaft liegt hinter uns. Sie war mit Abstand die emotionalste. Nach dem wir das Feuer miterlebt hatten, waren wir alle empfindsamer als sonst. Aber es war nicht nur das Feuer, es war alles so verflixt viel. So war der Moment als ich von meiner Schwangerschaft erfuhr, schon von Tränen gerührt. Aber keine Freudentränen. Erstmal fühlte ich: Verzweiflung. Ich fragte mich: „Wie sollen wir das auch noch meistern?“
Dass dieses Leben viele Überraschungen bereithält, konnten wir in den ersten Wochen schon am eigenen Leib erfahren. Wie sollte da auch noch Platz für ein Baby sein? Eigentlich dachte ich, ich besitze Nerven aus Stahl…aber mein scheinbar gutes Nervenkostüm schien fragiler wie noch nie. Ich ging in dieser Schwangerschaft so oft an die Decke und stellte mein Verhalten täglich in Frage. Ich warf manchmal Gegenstände durch die Luft. Und fühlte sehr oft Scham, vor allem meinen Kindern gegenüber. Ich wollte nicht so sein. Der Plan war doch, meine Kinder liebevoll zu begleiten, sie in Liebe wachsen zu lassen und sowas Tolles. Und ich führte mich teilweise auf wie das größte Kind in der Familie.

Aber diese Schwangerschaft forderte nervlich und körperlich viel, neben dem Leben was wir führen. Zu der Zeit ging es auch um fundamentale Dinge. Wir hatten weder ein Klo, noch eine Dusche und bei Regen tropfte es von der Decke. Dass die Zeit der Schwangerschaft kein Pipifax war, das merke ich jetzt, wo ich nach der Geburt mobiler bin und wir den Luxus eines intakten Häuschens haben. Gibt es ein Wort, dass den Prozess des Auswanderns beschreibt, dann ist es wohl “mannigfaltig“. Er kostet Geduld, Nerven und viel Geld. Geprägt von Träumen, Hoffnungen und Visionen, aber auch von Herausforderungen, Sorgen und Traurigkeit. Es sind vor allem die inneren Prozesse, auf die man sich nur schwer vorbereiten kann. Sich neu einfinden und sein Leben neu zu definieren, passiert fortwährend.
So und dann war ich inmitten jenes Prozesses schwanger. Viele Fragen gingen mir folglich durch den Kopf. Wo und wie sollte der kleine Wurm überhaupt auf die Welt kommen? Gefühlt hatten wir Deutschland erst verlassen und waren noch nicht wirklich angekommen. Kurz überlegten wir für die Geburt nach Deutschland zu gehen. Doch das verwarfen wir, wollten wir uns den Reisetrubel um die Geburt herum nicht antun. Nach zwei leichten und schnellen Geburten Zuhause und im Geburtshaus, kam für mich eine Geburt im Krankenhaus gar nicht in Frage. Ich kontaktierte also eine Hebamme, die jedoch 2 Stunden Anfahrtszeit hatte. So fragten wir uns, ob die Hebamme rechtzeitig zur Geburt da ist und wenn nicht, ob wir uns zutrauen würden, das Ganze alleine zu schaffen. Außerdem fühlte ich mich schon bei den anderen Geburten beobachtet und viel zu ummuttert. Ich wollte meine Ruhe haben. Niemand außer Martin durfte in diesen heiligen Stunden der Geburt bei mir sein. Vielleicht noch die Kinder. Und das Filmteam von RTL2…Aber das wollte ich erst während der Geburt entscheiden. Je nachdem wie schnell es ging. Martin und ich waren uns dieser großen Verantwortung bewusst und wir redeten zunächst viel darüber. Ich wollte Martin dabei haben. Seine tolle, ruhige Art kann ich bei Geburten nur empfehlen. (Falls du jemanden suchst? Nix teuer. Gute Mann!;)) Ich teilte mit ihm meine Wünsche für die Geburt. Sowie Sorgen und Ängste, die immer wieder aufkamen. Auf vielen Spaziergängen begegnete ich meinen Ängsten bewusst und versuchte zu verstehen woher sie kamen und ob sie gegen eine freie Geburt Zuhause sprechen. So tauchte ich tiefer in diverse Themen ein, die in mir Unbehagen auslösten. Ich versuchte mich auf diese oder jene Eventualität so gut es ging vorzubereiten. Dann legte ich meine Ängste, sowie eine gepackte Kliniktasche beiseite. Es gibt keine Sicherheit. Nirgends. Nicht zu Hause, nicht im Krankenhaus. Ich wusste, ich fühlte mich Zuhause am wohlsten, ich war am entspanntesten. Die besten Voraussetzungen für eine Geburt. Für mich ist eine Geburt kein Ereignis, das im Krankenhaus stattfinden muss. Wir wären aber schon hingefahren, wenn ich gemerkt hätte, dass ich nicht mehr kann oder irgendetwas komisch ist.
Das Visualisieren meiner Wunschgeburt half mir oft, wenn ich angesichts der Geburt nervös wurde. Viele Male sprach ich mit Martin über meine Wünsche und was ich in dem Moment der Geburt von ihm brauche. Ich suchte Kontakt zu Frauen, die den Weg der Alleingeburt schon gegangen waren. Ich hörte mir Erzählungen aus der Podcast-Reihe „FreeBirthSociety“ an. Dieser Austausch, dieses Geschichtenhören machten mir unglaublichen Mut. In mir wuchs ein wohliges Gefühl. Es entpuppte sich als Urvertrauen, das in jedem von uns schlummert. Viele meinten, wir seien sehr mutig, doch wir fühlten, für uns war es eine logische Entscheidung. Im Gegenteil, für uns wäre alles andere mutiger. Die Verantwortung an das Krankenhauspersonal oder einer Hebamme abzugeben. Dabei war es meine Geburt. Ich wollte die Verantwortung in meinen Händen tragen.

Da ich nicht nur eine freie Geburt wollte. Ich verzichtete ganz auf ärztliche Unterstützung. Und wusste deshalb ja nur ungefähr den Zeitraum der Geburt. Außerdem wusste ich nie wo ich gerade in meinem Zyklus stand. (Nicht so wie andere: „Also morgen ist Neumond, da hab ich gegen 8:34 Uhr meinen Eisprung!“) So wartete ich gefühlt Jahrzehnte auf dieses Baby. Doch irgendwann war es endlich soweit. Es war ein heißer Julitag, die Wehen setzten um die Mittagszeit ein. Meine Füße und Beine waren super angeschwollen, so wie in den letzten Wochen. Ich freute mich sehr, dass es jetzt endlich losgehen sollte, ich hatte es satt wie ein schwitzendes Elefantenbaby durch unsere Büsche zu schleichen. Doch es sollte noch ein wenig dauern, abends ebbten die Wehen ab und ich konnte noch ein paar Stunden schlafen, bevor ich von starken Wehen aus dem Bett gejagt wurde. Als ich auf dem Klo war, wurde mir richtig schlecht und schwindelig bis mir schwarz vor Augen wurde. Jetzt bekam ich tatsächlich ein wenig Angst und weckte Martin. Zum Glück legte sich mein Unwohlsein und ich konnte mich mit voller Energie dem Veratmen der Wehen widmen. Die Wehen waren so heftig, dass ich immer lauter wurde. Die Kinder schliefen noch, doch irgendwann wurde Jaro von meiner Jaulerei wach und fragte, warum ich so schrie. Martin beruhigte ihn, dass alles gut sei, denn das Baby sei unterwegs und das tut Mama weh. Ich kannte solche Wehen nicht von meinen anderen Geburten. Diese waren super heftig. Irgenwann fragte ich mich: „Ist wirklich alles okay?“ Also schaute ich mal mit dem Handspiegel nach. War nichts zu sehen, hab ich mir doch gedacht. Bin ja auch keine Hebamme. 😀 Dann fühlte ich, ob ich schon was ertasten konnte. Nichts. Na toll. Das kann noch dauern. Die Zeit ist so relativ während einer Geburt. Aber irgendwann reichte es mir! Ich wollte nicht mehr!!! Zwischen den Wehen fragte ich mich schon: „Liebes Universum, hast du meine Geburt vertauscht? Ich hatte doch die leichte bestellt, die man nach zwei leichten Geburten eben erwartet.“ Ich dachte, das Baby plumst einfach raus, vielleicht so beim Unkraut jäten. Landet so ganz lässig neben dem Weißkohl…Doch man sollte Geburten nie miteinander vergleichen…Irgendwann schrie mich Jaro an: „Schrei nicht so laut ich kann nichts vom Hörspiel verstehen!!!“ Ich schrie zurück. War ja eh schon dabei. Irgendwann kam meine Mama, die zu dem Zeitpunkt bei uns Urlaub machte, sammelte die Kinder ein und ging mit ihnen raus. Nach einer Zeit fing ich an zu weinen, weil ich nicht mehr konnte. Dann fühlte ich noch einmal, ob ich was tasten konnte und tatsächlich fühlte ich etwas Hartes. Doch ich dachte irgendwie, es wäre der Hintern und nicht der Kopf. What??? Aber mir war zu dem Zeitpunkt alles egal, das Baby musste raus. Und endlich. Endlich setzten die Presswehen ein. Und ich presste mit voller Vorfreude. Woher ich diese Kraft erholte weiß ich auch nicht. Dass der kleine Bursche es dann auf einmal so eilig hatte, dass er aus mir rausschießen und mich komplett sprengen wollte, hätte ich nicht gedacht. Ich hielt ihn zurück, denn sonst wäre ich mit ziemlicher Sicherheit gerissen. Ich wartete auf die nächste Wehe, mit der der Kopf geboren wurde. Mit der übernächsten kam der restliche Körper. Blitzschnell fingen Martin und ich unser Baby auf.

Und wir waren so überrascht! Ein Junge! Wir hatten beide auf ein Mädchen getippt. Ich legte mich auf die Yogamatte auf der ich die ganze Zeit gekniet oder gestanden hatte. Ich wurde von einem heftigen Zitteranfall überschüttet. Mein Körper war durch. Doch ich war überglücklich. Wir hatten es geschafft! Dieses perfekte Kind lag nun in meinen Armen. Was war es doch für eine Reise gewesen. Wie sehr hatte ich mir diese Geburt gewünscht. Nach einer Viertelstunde wurde die Plazenta geboren. Da ich noch blutete, gab mir Martin ein paar Tropfen Hirtentäschel-Tinktur. Die hatte ich ein paar Monate vorher in Vorbereitung auf die Geburt angesetzt, um nachgeburtliche Blutungen in Schach zu halten. Und dann kamen Jaro und Lou herein, um ihr Geschwisterchen zu sehen. Jaro freute sich riesig, er hatte sich so sehr einen Bruder gewünscht. Lou holte sofort ein Stück Klopapier und wischte dem kleinen Benno das Blut vom Kopf. Sie freute sich auch, obwohl sie eigentlich eine Schwester wollte. Ich glaube es war ihr nicht so wichtig, hauptsache ein Baby.

Kurz darauf kam meine Doula und half uns die Plazenta zu untersuchen. Martin schnitt die Nabelschnur durch, nachdem sie auspulsieren durfte. Um die Nachwehen ein wenig zu lindern, bekam ich einen Plazenta-Shake aus Hafermilch, Banane, Himbeeren, Honig und ein Stück von Bennos Plazenta. Es klingt erstmal eklig, es ist definitiv noch nicht gesellschaftstauglich. Es kostete mich überraschenderweise kaum Überwindung ihn zu trinken. Keine Ahnung wie Plazenta schmeckt, aber es schmeckte total lecker. Die Plazenta schmeckte ich nicht raus. Er tat mir sehr gut und stärkte mich. Vorallem der Nachgeburts-Support von der Doula fand ich sehr schön. Ich kann auf jeden Fall empfehlen, sich einen guten Nach-Geburts-Plan zu machen. Da ist alle Hilfe, Umsorgung und Ruhe wie Versorgung mit nährendem Essen, Kindersitting für die Geschwiester oder Hilfe im Haushalt einfach Gold wert.
Auch wenn diese Geburt viel anstrengender war, als meine vorhergehenden, war die Geburt Zuhause in Eigenregie genau richtig. In keinem Moment wünschte ich mir eine Hebamme oder Artz/Ärztin herbei, die mir sagen kann, ob alles okay ist. Vielleicht wenn Benno noch länger auf sich hätte warten lassen, denn irgendwann wäre mein Körper an seine Grenze gekommen und ich hätte mir dann irgendwann auch Sorgen gemacht. Ich vermute, dass die Geburt so anstrengend war, weil Bennos Kopf sich nicht richtig im Geburtskanal eingefunden hatte. Er kuckte bei Geburt nämlich zur Seite und nicht, wie es in den meisten Fällen ist, nach hinten. Rückblickend bin ich sehr froh über diese Geburt und bereue meine Entscheidung nicht. Jemand, der mich (gefühlt) beobachtet und immer wieder untersucht. Und vielleicht dann irgendwann Angst oder Panik in mir ausgelöst hätte. Ich kann aber verstehen, wenn sich Frauen jemanden wünschen, der ihnen rückversichert, dass alles okay ist. Jemand bei dem sie sich fallen lassen können, der ihnen einen sicheren Raum gibt. Ich habe mich bewusst dagegen entschieden, weil ich es nicht gebraucht hatte. Und ich Martin hatte. Er ist einfach ein Fels. 🙂

Die Zeit des Wochenbetts war geprägt von einem unglaublichem Glücksgefühl und einer unsagbaren Trauer. Denn eine Woche nach Bennos Geburt starb unsere kleine Hündin Basha an einer Virusinfektion. Ich wusste vorher nicht, dass man zwei so ambivalente Gefühle gleichzeitig so stark durchleben kann. Dann bekam ich eine Brustentzündung und lag zwei Wochen komplett flach. Da konnte ich mich ausheulen wie ein Schlosshund. Und vor allen Dingen ruhen. Ich brauchte diese zwei Wochen so sehr. Auch wenn ich meine großen Kinder und Martin tagsüber vermisst habe, es tat so gut im Bett zu liegen und dem Körper Ruhe zu schenken. Dieses Wochenbett hat in unserer Gesellschaft leider kaum Stellenwert. Ich habe nach den anderen Geburten überhaupt nicht geruht, mir ging es auch sehr gut danach. Das war dieses Mal anders und ich bin sehr froh, dass Martin da war und die Stellung gehalten hat. Ich werde mich immer an diese besonderen zwei Wochen mit meinem kleinen Benno erinnern.

Ach und was mein fragiles Nervenkostüm angeht, das hat sich mit Bennos Geburt wieder gebessert. Gott sei Dank. Auf ins nächste Abenteuer: Wir adoptieren Hängebauchschweine! Kleiner Spaß…
Ich wünsche dir alles Liebe.

Schön geschrieben! Ihr könnt ja ein nach mir benennen. Ich bin ja auch bei uns immer das Hausschwein, deswegen hängt auch der Bauch 😂. Liebe Grüße Tommy & Katja und Jamie
Danke! Ja, das würden wir in Betracht ziehen, Tommy 🙂
Janice what an amazing account of home birthing wow totally awesome congratulations to job well done, I’m so very proud of you and Martin for bravery and strength, makes me think about Sarah’s birth the hour long drive Hannah crying out I was so nervous I didn’t think we were going to make it to the hospital I was doing a over hundred mph the only thing I had to stop for was one train I couldn’t get around that we made it got her checked in I went to get something to drink and a nurse came and got me and said the baby’s coming I put on the gowns and wash my hands I went to the delivery room strangely the delivery doctor was German in no time at all the baby was there they put two clips on the umbilical cord gave me the scissors and told me to cut between the clamps I thought wow that’s something but it’s nothing compared to what you and Martin did truly amazing wishing you Martin Jaro Lou Benno the best
Love Dad
Janice what an amazing account of home birthing wow totally awesome congratulations to job well done, I’m so very proud of you and Martin for bravery and strength, makes me think about Sarah’s birth the hour long drive Hannah crying out I was so nervous I didn’t think we were going to make it to the hospital I was doing a over hundred mph the only thing I had to stop for was one train I couldn’t get around that we made it got her checked in I went to get something to drink and a nurse came and got me and said the baby’s coming I put on the gowns and wash my hands I went to the delivery room strangely the delivery doctor was German in no time at all the baby was there they put two clips on the umbilical cord gave me the scissors and told me to cut between the clamps I thought wow that’s something but it’s nothing compared to what you and Martin did truly amazing wishing you Martin Jaro Lou Benno the best
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